Täterinnen im Nationalsozialismus: Thematische Zeitreise ins KZ- Frauenlager Ravensbrück

Ein Idyll empfängt uns am Schwedtsee gleich gegenüber in Sichtweite der Luftkurort Fürstenberg.
Doch jäh gräbt sich die Erinnerung in unser Heute.
Ein Lager nur für Frauen empfängt uns, wenn auch Männer notwendig waren, Handwerker vornehmlich, so sagt man uns etwa 20.000 über die gesamte Lagerzeit.
Doch es waren überwiegend Frauen, die hierher verbracht worden, Widerständige aus den schon sehr schnell als viel zu klein befundenen Lagern in Mohringen und aus der Lichtenburg. Waren es zu Anfang vor allem deutsche Kommunistinnen und Sozialdemokratinnen so werden bald auch andere zu Opfergruppen: Sinti und Roma, Zeuginnen Jehovas, Jüdinnen und viele, viele Frauen aus den gerade überfallenen und okkupierten Staaten Europas.
Alle eint sie die furchtbare Enge, ablesbar an Lagerlisten, schon sehr bald ist das Lager im dreifachen überfüllt. Enge, Essensmangel, Sprachbarriere, Angst und die Schikane hier. Ravensbrück ist Ausbildungslager für SS-Aufseherinnen und wird straff geführt. Es ist aber vor allem eins, es ist ein Lager der Vernichtung durch Zwangsarbeit. Schätzungsweise 140.000 Frauen werden ins Lager eingewiesen, 92.000 Menschen überleben die Zwangsarbeit nicht, am Ende des Krieges kommt noch eine Gasmordanstalt hinzu. Die im Krematorium zu Asche verbrannten werden in den See geschüttet. Fischer beschweren sich darüber, der Fischertrag geht zurück. Nein beschwert haben sich die Anwohner wohl nicht, mitbekommen hätten sie ja nichts, trennte sie doch die 4m hohe Außenmauer vom Geschehen.
Dennoch, das Lager war vielfältig mit der Außenwelt verbunden, die umliegenden Betriebe profitierten von billigen Arbeitskräften. Penibel geführte Listen zeigen die Arbeitsorte im Umland. Und hierzu bei der Arbeitsverrichtung und auch im Lager selbst waren sie notwendig, immer im Gefolge der SS: die Aufseherinnen im Nationalsozialismus. Die Ausstellung untergebracht in einem ehemaligen Mannschaftsgebäude des SS informiert: Über die Einordnung in die Lagerhierarchie, über Werbung und Rekrutierung vor allem von jüngeren Frauen, über Ausbildungsinhalte, über Befehle, Weisungen und drakonische Strafen derer die ihre Macht in schikanöser und teilweise sadistischer Manier gegenüber den Opfern auslebten. Biografische Abrisse zeichnen die Karriere einzelner Aufseherinnen nach. In Zeitzeugenaussagen wird die Brutalität des Alltags aber auch die Exzesse mancher Oberaufseherin nachvollzogen, der Nachwelt zur Mahnung erhalten.
Spätestens nach dieser Ausstellung müssen alle Thesen von der angeblichen Unmöglichkeit der Einbeziehung von Frauen in das nationalsozialistische Zwangs- und Repressionssystem auf ihren Erklärungs- und Bestanderhalt geprüft werden.
Die Ausstellung rekonstruiert jedoch auch den Versuch wenigstens im Nachhinein Schuld zu sühnen, durch Alliierte Tribunale, durch die Strafverfolgung im geteilten Deutschland, die Verfolgungsorgane und über den schwierigen und widersprüchlichen Weg im Umgang mit der Strafverfolgung in der DDR. Kein Urteil ist wohl kassiert worden, wenn auch der Schatten der Geschichte auf zwischenzeitlich neu geschaffenes Unrecht fällt. Eine Aufseherin hatte sich Haftentschädigung für DDR-Strafverfolgung erschlichen, die Justiz korrigierte sich zwar alsbald und forderte die Entschädigung zurück der Sachverhalt jedoch bleibt unfassbar, aber auch öffentlich nachzuvollziehen. Nachvollziehbar ist das Geschehen, das Unfassbare des Lagers wie auch der Umgang damit in fünf Ausstellungen des Komplexes. Besonders eindrücklich, weil in Plastiken verdeutlicht oder Übergroß ins Auge gerückt - einzelnen Opfern zum Gedenken auf Großwandtextilien aufgezogen und im Kontext des heute von den Unterkunftsbaracken beräumten Lagergeländes aufgestellt. Wir danken somit der Gedenkstätte besonders Frau Hoffmann für die Führung durch die Spezialausstellung und den Gesamtkomplex.
Bei Interesse können Materialien und ein Video über die Landesgeschäftsstelle ausgeliehen werden.
Zur weiteren Information möchten wir auch auf die Publikation: Frauen als Täterinnen ein Konferenz-Reader zur gleichnamigen Tagung in der Gedenkstätte für die Opfer der NS-„Euthanasie“ in Bernburg verweisen.
Zu beziehen über die Geschäftsstelle Halle des Bildungsvereins Elbe-Saale zum Preis
von 5,- Euro plus Porto und Verpackung.

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