Arbeit ist Machbar? Ja! Aber nicht mit der „Magdeburger Alternative“!

Seit ca. 3 Jahren werben die beiden Magdeburger Professoren Ronnie Schöb und Joachim Weimann unter dem Schlagwort „Magdeburger Alternative“ für ihre arbeitsmarktpolitische Konzeption, die dem eigenen Anspruch nach über 1 Mio. Menschen in Arbeit bringen soll. Im Kern dieses Konzepts steht die Schaffung eines riesengroßen Billiglohnsektors. Hierzu hat attac/Magdeburg ein Positionspapier veröffentlicht, wo die Gefahren, Unzulänglichkeiten und ideologischen Kurzschlüsse dieser „Beschäftigungsformel“ beschrieben und bewertet werden. Zusammengefasst kommt das Papier zu dem Schluss, dass:

  1. wenn die „Magdeburger Alternative“ funktioniert, d.h. wenn Arbeitgeber diese Lohnsubvention nachfragen, dies mit großer Wahrscheinlichkeit dazu beiträgt, dass sozialversicherungspflichtige Arbeit durch staatlich subventionierte Arbeit ersetzt wird. Das heißt, die „Magdeburger Alternative“ forciert die Etablierung eines staatlich subventionierten Niedriglohnsektors. Dafür spricht insbesondere die Erfahrung mit den Mini- und Midijobs. So konstatiert Rudolf Hickel, dass die neoliberale Arbeitsmarktpolitik verstärkt den Trend zur Expansion des Billiglohnsektors verstärkt hat. Zudem ist zu befürchten, dass das Modell von Schöb und Weimann bereits bestehende sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse durch staatlich subventionierte Niedriglohnjobs ersetzen wird. Attac/Magdeburg lehnt die Etablierung eines Niedriglohnsektors ab. Arbeit muss existenzsichernd und sozialversicherungspflichtig sein.
  2. im Hintergrund von Schöbs und Weimanns Modell eine rückwärtsgewandte ökonomische Entwicklungsstrategie steht. Anstatt auf Förderung von Wissenschaft und Technik und einen damit verbundenen weiteren Produktivitätsfortschritt setzten die beiden Magdeburger Professoren auf eine Rückkehr zu unproduktiven Routinetätigkeiten. Nicht Technik und Wissenschaft, sondern geringqualifizierte Arbeit soll zukünftig im Zentrum staatlicher Förderpolitik stehen. Eine solche Strategie der „Manchesterisierung“ der Ökonomie lehnt attac/Magdeburg entschieden ab.
  3. die arbeitsmarktpolitische Grundhypothese der „Magdeburger Alternative“ davon ausgeht, dass der Faktor Arbeitskraft politisch entreguliert werden muss, um sich zu entfalten. Eine solche Sicht unterstellt, dass genug Arbeit vorhanden ist, wenn nur die Arbeitsanreize richtig gesetzt werden. Wir von attac/Magdeburg sind jedoch der gegenteiligen Überzeugung: Arbeitsplätze müssen durch eine Stärkung der Nachfrageseite geschaffen werden. Solange diese Grundvoraussetzung nicht gegeben ist, macht es keinen Sinn, weiter auf verschärfte „Anreize“ für Arbeitslose zu setzen.
  4. die „Magdeburger Alternative“ ein noch repressiveres Kontroll- und Überwachungssystem gegen Arbeitslose incl. Arbeitszwang zu ALG II-Sätzen etablieren will. Wir von attac/Magdeburg bewerten ein solches System als sinnlose Drangsalierung eh schon Drangsalierter und lehnen so etwas demzufolge ab.
  5. unter dem Eindruck der ersten vier Punkte die „Magdeburger Alternative“ gerade für die Fünf Neuen Bundesländer keine zukunftsfähige Perspektive zu bieten scheint. Vielmehr bleibt zu befürchten, dass die eh schon desaströse Situation in Ostdeutschland durch die staatliche Förderung eines Niedriglohnsektors noch verschärft wird. Deshalb fordert attac/Magdeburg die Politik auf, die besondere Situation strukturschwacher Regionen endlich ernsthaft zur Kenntnis zu nehmen.
Wir von attac/Magdeburg sehen bei den Parteien eine geradezu schillernde Abstrusität, wenn sie einerseits sozialversicherungspflichtige, existenzsichernde Arbeit fordern, aber andererseits für Niedriglohnmodelle eintreten. Müssen die Parteien somit nicht auf das Scheitern ihrer Beschäftigungspolitik hoffen, die sozialversicherungspflichtige Jobs nachgewiesenermaßen verdrängt? Deshalb fordert attac/Magdeburg alle Parteien zu einer Klärung ihrer arbeitsmarktpolitischen Konzepte auf: geht es um eine Arbeitsmarktpolitik, die auf die optimale Ausnutzung von Produktivitätspotentialen zielt und für ein hohes Lohn- und Beschäftigungsniveau sorgt, oder geht es um eine Rückkehr zu einer Wirtschaftsordnung, die die zügellose Konkurrenz prekärer und fremdbestimmter Beschäftigter und eine Abwärtsspirale in die Geringqualifikation forciert?

Jens Maeße Attac Magdeburg
Kontakt: jensmaesse@gmx.de
Die Vollversion (ca. 10 Seiten) demnächst unter www.attac.de/magdeburg abrufbar.
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